Kivelingshaus

Baubeschreibung

 
Bauzeit: 1583 (im Türsturz eingetieft).

Giebel vermutlich aus dieser Zeit erhalten. In der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts Vergrößerung der Fenster im Erd- und im Obergeschoß. Zu Beginn dieses Jahrhunderts Einbau eines großen Schaufensters.
1981 Sanierung und Beseitigung des Schaufensters. Architekten: Engels & Partner mit H. Knutowski.

Baubeschreibung: Zweigeschossiger, massiver und unterkellerter Bau über unregelmäßigem Grundriß. An zwei Seiten durch schmale Traufgänge von den Nachbarhäusern getrennt. Die kleinformatigen Ziegel des starken Mauerwerks sind ursprünglich unverputzt. Dem steilen Satteldach, das nur mit Mühe dem unregelmäßigen Grundriss angepasst wird, ist zum Markt hin ein geschweifter Giebel vorgesetzt. Seine Verzierung und das Fensterformat stammen noch aus der Erbauungszeit. Dagegen sind die Fenster in den beiden Geschossen darunter in der Größe und in der Aufteilung stark verändert worden. Zu weiteren Veränderungen gehören auch die groben Rustikaquader an den Gebäudeecken. Das Haus ruht auf ungewöhnlich starken Grundmauern.

Das Kivelingshaus ist heute benannt nach den Kivelingen, die es 1981 mit großer Mühe sanierten. Die Kivelinge sind eine Vereinigung unverheirateter Lingener Bürgersöhne, die im ausgehenden Mittelalter als Wehr zur Verteidigung der Stadt entstanden sind und es heute als kulturelle und gesellige Vereinigung zum Wohle der Stadt weiterwirkt. Das Gebäude ist zweifellos eines der ältesten Wohnhäuser Lingens. Aber außer dem Erbauungsdatum ist über seine Entstehung und seine ursprüngliche Verwendung nichts bekannt. Auch kann die frühere Aufteilung im lnneren nicht mehr rekonstruiert werden. Es ist lediglich ein großer Kamin mit Sandsteinelementen (aus dem beginnenden 19. Jahrhundert) vorhanden.

Bei den Sanierungen wurden größere, heute zugemauerte Öffnungen entdeckt, die mit Segmentbogen abgedeckt sind.
Daraus läßt sich schließen, dass zum Nachbarhaus hin früher ein größerer Abstand gewesen sein muss. Die ungewöhnlich starken Grundmauern mit großen Findlingsbrocken durchsetzt, geben weitere Rätsel auf. Stimmt die Vermutung von M. Buschhaus, dass hier die allererste Mauer des 14. Jahrhunderts verlief, und sind diese mächtigen Reste evtl. ein Stück dieser alten Befestigung?

Auf jeden Fall hat man heute vom Markt aus einen reizvollen Blick auf die überraschende Situation, die durch die für Lingen typische, kleine platzartige Erweiterung vor dem Haus mit dem schmuckvollen Giebel dahinter, entstanden ist.

[Quelle. Köster, Baldur; Lingen: Architektur im Wandel von der Festung zur Bürger- und Universitätsstadt bis zur Industriestadt (um 1930), Seite 25]